Oriole

(Oriolus oriolus)



Tierisch viel Spass

Dominik Eulberg

Den hat der naturverbundene Shooting Star aus Kölner Gefilden beim Auflegen morgens um halb vier gleichermaßen wie beim sonntäglichen Beobachten und Bestimmen von seltenen Wasservögeln. Einer der eigentlich nie ins flackernde Rampenlicht des Technozirkus wollte, aber ob seinen beständig weitere Kreise ziehenden Veröffentlichungen wohl kaum drum herum kommen wird, über sein ungewöhnliches Leben zwischen den Polen Natur und Club.

Partysan: Wie stark ist das Interesse an deiner Person in den vergangenen Monaten gewachsen?

Dominik Eulberg: Schon enorm. Aber es ist ja nicht so, dass ich wirklich ein Newcomer bin, ich produziere schon seit über zehn Jahren, habe aber nie die Absicht gehabt, großartig Platten zu machen oder Erfolg zu haben. Das kam irgendwie alles von selbst. Ich hab mit Spaß an der Sache weitergemacht – und auf einmal war das Interesse da.

Wirkt sich das auf dein tägliches Leben aus?

Dominik Eulberg: Es sind schon eine Menge Aufgaben, die dadurch anfallen, sollte man gar nicht so meinen. Ich bekomme sehr viel Fanpost, jeden Tag ein paar Mails, und die versuche ich natürlich schon zu beantworten. Dann soll man hier remixen, da abklären, dort mit auflegen ...

Freust du dich über diese neue Aufmerksamkeit oder ist sie dir eher unheimlich?

Dominik Eulberg: Es erfüllt mich schon mit Stolz, wenn ein ehemaliges Vorbild wie Sven Väth anfragt, einen Remix für ihn zu machen. Ich versuche das aber realistisch zu sehen und weiß, dass das Musikbusiness ein kurzlebiges Geschäft ist. Von daher werde ich das auf keinen Fall hauptberuflich machen, mein Studium ist mir da schon sehr wichtig. Das will ich fertig machen, um dann einen anständigen Beruf in der Natur zu finden.

Was machst du da genau?

Dominik Eulberg: Ich studiere Geografie mit Schwerpunkt Ökologie und Umwelt. In den Nebenfächern Geologie und Biologie. Ich habe auch schon zweimal in einem Nationalpark als Ranger gearbeitet. Einmal an der mecklenburgischen Seenplatte und letztes Jahr war ich für drei Monate auf der Nordseeinsel Wangerooge. Da habe ich dann Führungen für Schulkassen gemacht und das hat mir im wahrsten Sinne des Wortes tierisch viel Spaß gemacht.

Passt irgendwie nicht so recht zusammen – Ökologie und Clubleben – wenn man das so im ersten Augenschein betrachtet. Oder ist es für dich gerade das Atypische, das wieder Sinn macht?

Dominik Eulberg: Die meisten Leute denken im ersten Moment, dass das nicht zusammen passt. Ich sehe das anders. Neben dem Auflegen oder Musikmachen bin ich ein leidenschaftlicher Vogelbeobachter, da kommt es schon mal vor, dass ich am Sonntagmorgen mit meinem Spektiv am See stehe und irgendwelche Wasservögel zähle – und Leute, die gerade auf die Afterhour fahren, sehen mich dann da stehen und denken, Gott was geht denn mit dem ab, hat der sich zuviel Pillen eingebaut oder was. Die können das dann gar nicht fassen, weil sie mich halt aus den Clubs und vom Auflegen her kennen. Es ist eigentlich schon sehr atypisch – eine krasse Polarität. Für mich ist das eben so, weil beide Dinge in meinem Leben eine sehr wichtige Rolle spielen und ich mit beiden groß geworden bin. Man kann ja auch Parallelen ziehen: Techno beispielsweise ist eine sehr triebhafte Musik, die eigentlich nur auf Rhythmus basiert. Genau wie wir es in der Natur finden, alles sehr zyklisch ...

... zyklische Triebhaftigkeit als Natur der Natur?

Dominik Eulberg: Natürlich, was basiert denn sonst auf Trieben, wenn nicht die Natur?

O. k. – und wie schlagen wir jetzt die Brücke zum Techno?

Dominik Eulberg: Die Klänge, die in der Natur vorkommen, sind oft sehr ähnlich mit künstlich erzeugten Klängen. Also bei mir ist es so, dass ich in meinen Liedern oft irgendwelche Tiergeräusche verwende. Aber die wenigsten erkennen das wirklich als Tiergeräusch. Hör dir mal das Froschgequake von Rotbauchunken an ... das hört sich an wie ne 303! (lacht)

Du bist ja eher in einer ländlichen Gegend des Westerwalds aufgewachsen – wie kommt man da zu Techno?

Dominik Eulberg: Bei mir ging die Musiksozialisation eigentlich direkt mit elektronischer Musik los. Ich komme aus einer Straße, wo die Nachbarkinder alle älter waren und damals immer die Clubnight mit Sven Väth gehört haben. Da haben wir Kids dann immer mitgehört, das war für uns ja etwas ganz Neues. Gerade für mich, der ich in der Natur aufgewachsen bin. Elektronische Klänge, das kannte man ja überhaupt nicht und das hat mich direkt von Anfang an stark interessiert.

Wie und wann kamst du zum Produzieren?

Dominik Eulberg: 1994 habe ich damit angefangen. Sobald ich bei irgendwelchen Ferienjobs ein bisschen Geld verdient hatte, habe ich mir immer direkt Musikinstrumente gekauft. Einfach weil ich es so faszinierend fand, das selber auszuprobieren. Wie wird so ein Klang erzeugt? Ich habe damals eigentlich keine Tracks gemacht, sondern mehr Klangforschung.

Heute passiert das meiste mit dem Rechner, oder?

Dominik Eulberg: Genau, heute arbeite ich nur noch mit dem Computer, weil man damit einfach sehr schnell, effektiv und mittlerweile auch hoch qualitativ arbeiten kann. Ich denke, es ist einfach wichtig, dass man ein System hat, mit dem man vertraut ist, womit man seine Kreativität sehr leicht umsetzten kann, ohne dass viel bei verloren geht. Bei zig Geräten passiert das schon mal. Daher habe ich den ganzen Kram verkauft. Aber ich kaufe mir schon noch peu à peu ein paar Geräte dazu. Ich will mir jetzt einen Virus und ein Kaospad kaufen. Das sind dann auch sinnvolle Erweiterungen.

Du legst auch auf?

Dominik Eulberg: Ja, schon ziemlich lange – seit 1993.

Produzierst du mit dem Gedanken, auch dem DJ in dir gefallen zu wollen?

Dominik Eulberg: Ja. Ich finde es auch wahnsinnig wichtig für einen Produzenten, dass er ein guter DJ ist. Man bekommt da Inspirationsquellen. Weil man einfach weiß, was „up to date" ist. Ich kenne viele Produzenten, die dazu gar keinen Draht haben ... und na ja, gut. (lacht)

Eben ist dein Debütalbum erschienen. Zufrieden?

Dominik Eulberg: Sehr. Es kommt auch super an und war nach einer Woche schon ausverkauft. Es ist wirklich ein Stück von mir selbst geworden. Vielleicht auch, weil ich alles selber gemacht habe, sogar das Cover ... und dafür habe ich ehrlich gesagt länger gebraucht als für die Musik. Ich habe das ganze Album in drei, vier Wochen produziert, das ging irgendwie wahnsinnig schnell. Habe mich selbst ein wenig erschrocken. Zuerst dachte ich, puh viel Arbeit – aber dann habe ich mich einfach drangesetzt und dann ging das ruckzuck. Für das Cover habe ich sechs Wochen gebraucht.

Wie bist du da vorgegangen?

Dominik Eulberg: Ich habe mir zehn Tiere und Pflanzen aus Deutschland ausgesucht, die ich interessant finde und zu denen ich einen Bezug habe. Dann habe ich den Liedern lustige Namen wie die „Trottelummen von Helgoland" oder „Brenzlich, brenzlich dachte der Feuersalamander" oder der „Judaskuss des Sonnentaus" gegeben. Anschließend habe ich zu jedem Tier eine Geschichte geschrieben. Damit will ich bezwecken, dass der Hörer sich zu Hause hinsetzt und dann schön die Tiergeschichten durchliest. Und vielleicht hier und da denkt, ach wie witzig ... oder wie interessant. So mit ein bisschen Nachhilfeunterrichtcharakter.

Du erwartest ziemlich viel von der Zielgruppe.

Dominik Eulberg: Ja, aber zumindest wissen jetzt schon viele Leute, was eine Trottellumme ist, das war vorher nicht der Fall. Ich denke auch, zu meiner Musik passt das am besten. Lustige Naturnamen. Ich könnte meinen Liedern auch so komische englische Namen wie „Force" oder so geben, das würde aber nicht passen..

Und Musik als Lebenserwerb wird sicher nicht stattfinden?

Dominik Eulberg: Nein, auf gar keinen Fall. Ich sag mal so, ich könnte davon leben, wenn ich wollte, aber zum einen weiß man nie, was in zehn Jahren ist, und zum anderen ist mir das auch zu stressig und zu gesundheitsschädigend ... wie man jetzt schon sieht [leidet momentan an einem Tinnitus, Red.]. Ich brauch eben die Natur und das ist für mich ganz wichtig. So als Ausgleich. Ich denke, ich werde beides in meinem Leben machen.

Was willst du hauptberuflich machen?

Dominik Eulberg: Hauptberuflich werde ich auf jeden Fall im Naturschutz arbeiten. Mir ist es ein sehr wichtiges Anliegen, Leute von der Schönheit und Schützenswürdigkeit der Natur zu überzeugen. Am allerliebsten wäre mir, wenn ich später in einem Nationalpark arbeiten würde, irgendwo hier in Deutschland, da gibt es ja mittlerweile fünfzehn Stück. Tagsüber schön Führungen machen, Leute mit Naturgeschichten glücklich machen und abends im Bauernhaus vor dem Kamin noch ein paar derbe Schieber basteln. Und am Wochenende irgendwo hinfliegen und auflegen – das wäre so mein Idealleben. Damit wäre ich vollkommen glücklich!

(Text: Oliver Langschneider)