Oriole

(Oriolus oriolus)



Unter den Techno-Produzenten gibt Dominik Eulberg den seltsamen Kauz. Kauz im wahrsten Sinne des Wortes: In seinen Tracks gehören Vogellaute zum guten Ton.

Da möchte man gerne sein, wo Dominik Eulberg gerade ist: „Außer Bäumen, Wiesen und Seen gibt's hier nicht viel“, sagt er durchs Telefon. Dominik ist nach Hause gefahren in den Westerwald, dorthin, wo seine Eltern wohnen, wo er sich jüngst ein Häuschen am Waldrand gemietet hat, um in Ruhe seine neue Platte aufzunehmen, und von wo er vor noch gar nicht allzu langer Zeit aufgebrochen ist in die große, laute, flirrende Welt des Techno. Gerade ist Dominik von den Lesern der Szene-Zeitschrift „Groove“ zum Produzenten des Jahres gekürt worden. Noch kann er staunen über solche Ehren: „Ich mache ja erst seit zwei, drei Jahren Platten. Und dann wird man plötzlich Produzent 2005.“

Seine Wochenenden verbringt er zumeist nicht, wie andere 27-Jährige, bei der Freundin auf der Couch und im Stammclub um die Ecke, sondern auf Flughäfen und DJ-Kanzeln zwischen Berlin und Tokio, Madrid und - klar - auch seiner musikalischen Homebase Köln. „Das ist schon anstrengend“, sagt er. „Aber natürlich auch gut.“ Montags kommt er nach Hause, um sich zu erholen, dienstags sucht er nach neuen Platten für seine DJ-Jobs, mittwochs hat er Zeit zum Musikmachen, Donnerstag ist Uni-Tag. Schließlich ist Dominik Student - Geographie.

„Zurzeit ist der musikalische Erfolg groß“, sagt er. „Und ich kann im Moment auch keine Anzeichen erkennen, dass das in nächster Zeit zu Ende geht. Aber ich will mich trotzdem nicht nur über die Musik definieren.“ Ganz und gar nicht: „Das Musikmachen ist nur eine Phase“, glaubt er. Später, nach dem Studium, will er im Naturschutzbereich sein Geld verdienen. Engagiert ist er schon jetzt: Als Hobby-Ornithologe führt er Kinder in die Vogelwelt ein, als Profi-Produzent bringt er Techno-Tänzern das Zwitschern bei - von Rohrdommel, Basstölpel oder Rotbauchunke.

Das neue, schnelle Leben begann vor gut zwei Jahren. Damals veröffentlichte er seine erste Maxi-Single („Der Hecht im Karpfenteich“) auf dem Kölner Label Traumschallplatten von Riley Reinhold und Jacqueline Klein. Weitere Releases folgten und wanderten in die Koffer solch renommierter DJs wie Sven Väth. Remix-Anfragen häuften sich, auch das Album („Flora & Fauna“) übertraf die Erwartungen. Mittlerweile kann es sich Dominik leisten, wählerisch zu sein: „Ich verdiene inzwischen ganz gut“, sagt er. „Ich muss zum Beispiel nicht jedes Remix-Angebot annehmen, ich mache nur, worauf ich wirklich Lust habe.“

Lust hat Dominik auf jeden Fall auf ein zweites Album. Die Uni wird deshalb ein Semester lang ganz auf ihn verzichten müssen. Und das verdiente Geld ist zum Teil schon gut angelegt: „Bis jetzt bestand mein Studio nur aus meinem Laptop und einem alten Computer. Aber es gibt da ein paar gute Geräte, die mehr Möglichkeiten bieten. Schließlich will ich nicht auf der Stelle treten.“ Das eingangs erwähnte Häuschen am Waldrand wird also neue Synthesizer, Drum-Machines und Abhörboxen beherbergen dürfen. Im Frühjahr, mitten im Balzgeschrei der Vögel, will er sein Album einspielen, für das er eine Einladung von höchster Stelle erhalten hat: Techno-Urgestein Sven Väth wird es auf seinem Label Cocoon veröffentlichen. „Im August“, hat sich Dominik vorgenommen, „will ich damit fertig sein.“

Doch ungeachtet all der neuen Kisten: An seiner Art des Komponierens will Dominik nicht rütteln: „Der Grundgedanke bleibt derselbe: Ich versuche, akustische Bilder zu malen - einen Sonnenuntergang, eine Pflanze, ein Tier. Ich will bei den Leuten Assoziationen wecken und ihnen was von der Schönheit der Natur erzählen.“ Das klappt? Mit Techno? „Nicht immer. Aber manche Leute schicken mir Mails, dass sie das bildlich vor sich sehen. Das kann man natürlich nicht von jedem erwarten.“ Wer also demnächst in seinem Lieblingsclub manische Tänzer bei dem Versuch beobachtet, Tierlaute nachzuahmen oder eine Art Ententanz zu tanzen, muss sich nicht wundern: Sie haben offenbar Eulberg gehört.

Zwitschern bringt Dominik seinen Fans übrigens nicht nur musikalisch bei: Mit einem Freund aus dem Westerwald hat er jüngst einen Schnaps aufgelegt, der dem Mode-Gesöff „Jägermeister“ ähnlich, aber, so sagt Dominik, „geschmacklich runder und weniger beißend“ sein soll. Der Name beschreibt Inhaltsstoffe des Getränks wie das Kopfinnere des Konsumenten am nächsten Morgen gleichermaßen: „Kraut & Rüben.“ Wohl bekomm's!